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Übersicht - Reiseziele - Europa - Großbritannien

Dea Birkett
Schlange im Paradies
Meine Reise nach Pitcairn Island


Dea Birkett hat einen Traum, Sie will zu den Nachfahren der legendären Meuterer von der Bounty, die auf einer kleinen Insel in der Südsee leben. 38 Nachkommen des rebellischen Fletscher Christian und seiner Gefolgsleute haben sich auf dem Eiland eingerichtet, das schwerer zu erreichen ist als der Mond. So jedenfalls scheint es dem Autorin, die zwei Jahre benötigt, um endlich ihren Fuß ins Paradies zu setzen.

Doch die Insel ihrer Träume ist alles andere als traumhaft, wie sie bald erkennen muß: Die Enge des Lebensraumes und die strengen Regeln der Lebensgemeinschaft sind ein idealer Nährboden für Hass, Eifersucht und Aggression. Birkett fühlt sich als Gefangene ihres Traumes.

Leseprobe:
Erstes Kapitel: Elephant
Der Teenager auf dem Platz neben mir schaufelte sich eine weitere Handvoll Popcorn in den Mund. Er starrte auf die Leinwand, wo die hellbraunen Brüste der Südseemädchen wackelten wie Götterspeise, die man aus der Form befreit hatte. Kapitän William Blighs Stirn glänzte vor Schweiß. Fletcher Christian, Offizier des Kapitäns auf dem bewaffneten Handelsschiff Seiner Majestät, der HMAV Bounty, saß mit gekreuzten Beinen dem tahitianischen Häuptling Tinah gegenüber. Fletcher Christians Blick begegnete dem einer jungen Südseefrau und schweifte verlegen ab. Der Teenager nahm noch eine Handvoll Popcorn, hielt sie einen Augenblick an die Lippen und legte sie dann wie gebannt in die Schachtel zurück. Der Tanz wurde wilder. Die Männer, die bis auf einen Lendenschurz nackt waren, näherten sich der schönsten Frau, drängten sich ihr entgegen. Ihr Körper bog sich wie eine Welle, ihre Hüften wiegten sich lockend. Die Männer packten sie, schleuderten sie in die Luft, fingen sie auf und warfen sie zu Boden. Ein junger Mann, ein Paket aus dunklen Muskeln, legte sich über sie, und die Menge begann zu singen: Ver-ruum, ver-ruum, ver-ruum ... Es war ein grauer Londoner Nachmittag. Die schwere, feuchte Luft dämpfte den Verkehrslärm zu einem dumpfen Dröhnen. Meine Stimmung war ebenfalls gedämpft. Ich hatte seit einer Woche keine Arbeit mehr und war nach London gekommen, um die Stadt zu genießen; doch alle anderen waren beschäftigt und hatten wenig Zeit. Die Nachmittage waren lang, ich hatte mich ins Coronet-Kino in einem Viertel Südlondons geflüchtet, das als Elephant bekannt ist, und ich hoffte, daß mich der Film an einen anderen Ort versetzen würde. Die Geschichte auf der Leinwand ging in fieberhaftem Tempo weiter. «Christian übernimmt das Schiff ... Christian übernimmt das Schiff ...», raunten sich die Besatzungsmitglieder der Bounty zu. Die Szene wechselte zum Royal Naval College in Greenwich, wo sich Kapitän Bligh vor einem Untersuchungsausschuß verteidigte, der feststellen sollte, wie es dazu kam, daß sein Schiff, die HMAV Bounty, gekapert wurde. «Warum waren sie so leicht korrumpierbar?» fragte ein Admiral den Kapitän. «Ich weiß nicht - es war schlicht und einfach der Ort», antwortete er. Der Schauplatz der Versuchung breitete sich vor unseren Augen aus - eine Felseninsel mit üppig grünen Tälern und kahlen, braunen Gipfeln, vom opalblauen Meer gesäumt. Der Ort war wie seine Bewohner traumhaft schön und voller Lebenskraft. Auf dieser herrlichen Insel lag Fletcher Christian in einer Holzhütte in einem grünen Tal bei der jungen Tahitianerin. Hinter mir saugte jemand den letzten Tropfen Sunkist-Orangensaft aus der Packung, was sich anhörte, als ob man Badewasser ablaufen ließe.
«Ich habe mich einem verzweifelten Wagnis verschrieben», trug Fletcher Christian in sein Logbuch ein. «Ich habe von allem Abschied genommen, was ich bislang für unverzichtbar hielt ... Doch ich habe die Freiheit gefunden.» Die Bounty lichtete den Anker und stach in See, in der Hoffnung, einen Schlupfwinkel zu finden, «wo uns die britischen Schiffe nicht finden werden ...», murmelte Christian zwischen geschürzten Lippen hervor. Während sich das Schiff durch die Wellen mühte, stand ein dunkelhäutiger Tahitianer am Bug und suchte den Horizont nach der hafenlosen, unbewohnten Insel Pitcairn ab, dem Zufluchtsort der Meuterer vor dem Galgen. In Greenwich verkündeten die Lords der Admiralität inzwischen ihr Urteil: «Das Gericht befindet, daß die Ergreifung des bewaffneten Handelsschiffs Seiner Majestät, der Bounty, durch Fletcher Christian und andere Mitglieder der Mannschaft als Akt der Meuterei zu betrachten ist und daß den Kapitän, Leutnant William Bligh, nach Auffassung des Gerichts nicht die geringste Schuld trifft.»

Die Autorin
Dea Birkett ist in Südengland aufgewachsen und hat in Edinburgh, London und in den USA studiert. "Jella: A Woman at Sea in a Man's World" - ihr erstes Reisebuch - wurde mit dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet. Zuletzt veröffentlichte sie ein Buch über die winzige "Bounty-Insel" Pitcairn in der Südsee (dt. unter dem Titel "Schlange im Paradies"), in dem sie den Nachfahren der tahitianischen "Ehefrauen" der legendären Bounty-Meuterer nachspürt. Die Autorin lebt in Folkstone und London.

btb , 2001, 416 S.
10,00 Euro
Broschiert
ISBN: 978-3-442-72715-5


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