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Übersicht - Reiseziele - Karibik - Kuba

Ursula L. Voss
Die Bacardis
Der Kuba-Clan zwischen Rum und Revolution


Die Geschichte der Bacardís ist mehr als die Geschichte eines guten Rums. Sie ist ein Spiegel der Geschichte Kubas - vom Kampf um die Unabhängigkeit von Spanien über den Aufstieg Fidel Castros bis in unsere Zeit mischt der Clan kräftig mit.

Vorwort
Bacardí - ohne Frage, der Name klingt. Schließt man die Augen, sieht man Palmen, einen blauen Karibikhimmel und schöne Mädchen, die zu Salsarhythmen die Hüften schwingen. Bacardí, das heißt Lebensfreude, so will es zumindest die Werbung. "Wir sind keine Schnapsverkäufer, wir vermarkten ein Lebensgefühl", behaupten die Marketingstrategen des Konzerns.
Ob weiß oder braun, mit oder ohne Aromazusatz, ob pur oder als Cocktail mit viel Eis, ob dunkel und schwer oder hell und leicht, Bacardí ist weltweit die beliebteste Rummarke. Und die erfolgreichste: Mit geradezu beängstigender Regelmäßigkeit konnten die Umsätze in den vergangenen Jahrzehnten gesteigert werden, von kleinen Einbrüchen abgesehen. Neue Produkte, darunter Bacardí Breezer in unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen, sorgten seit Beginn des neuen Jahrtausends für höchste Zufriedenheit bei Managern und Aktionären. "2001 war das beste Jahr in der gesamten Geschichte der Firma", konstatierte im November 2002 der damalige Präsident Rubén Rodriguez, "die Spirituosenbranche erweist sich als ziemlich widerstandsfähig in Zeiten wirtschaftlicher Flaute." Wohl wahr, wenn man den veröffentlichten Zahlen traut! 2,7 Milliarden US-Dollar wurden im Bilanzjahr 2000/2001 bei Bacardí umgesetzt, ein Jahr später waren es sogar 2,9 Milliarden. Der Nettogewinn betrug damals 444 Millionen US-Dollar. Auf Erfolgskurs befindet sich seit Jahren auch Bacardí Deutschland. Im Geschäftsjahr 2002/2003 stieg der Umsatz um 27,3 Prozent auf 400,7 Millionen Euro. Das Jahr zuvor hatte man mit 314,8 Millionen Euro abgeschlossen. Zum unerwarteten Höhenflug trug hierzulande das neu entwickelte Mixgetränk Rigo bei, ein Gemisch aus Soda, Lime und weißem Rum mit dem Alkoholgehalt von Bier. Und die exzellente Werbung, die allein in der Bundesrepublik jährlich mehr als 25 Millionen Euro verschlingt. Die rund 600 Aktionäre - bis auf wenige Ausnahmen Mitglieder der weltweit verzweigten Familie Bacardí - billigten bisher ohne zu murren die monströsen Summen, die jährlich in die Imagepflege des Unternehmens fließen - im Jahr 2003 waren es 23 Prozent des Gesamtetats. Denn viermal im Jahr werden Dividenden ausgeschüttet. "Ein angenehm warmer Regen", formulierte jüngst eine Bacardí-Erbin, ohne sich dazu hinreißen zu lassen, dem Gesprächspartner Zahlen zu nennen. Und weil das Unternehmen bisher noch nicht an der Börse notiert ist, bleibt manches im Dunklen, was Gewinn und Verlust anbelangt, Rücklagen, Investitionen und Dividenden. Aber nicht allein die verlässliche Gewinnausschüttung macht die Shareholder glücklich. Vor allem die älteren Familienmitglieder sind stolz auf ihre kubanischen Wurzeln. 1862 wurde die Firma "Bacardí y Bouteiller" in Santiago de Cuba gegründet. Der von Don Facundo Bacardí y Mazó erfundene milde, weiße Rum war schon vor der Jahrhundertwende weltberühmt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wuchs das Unternehmen sprunghaft, nicht zuletzt dank der Prohibition in den USA. Mit Fidel Castro und der Revolution kam dann das vorläufige Aus auf Kuba. Die Bacardís wurden 1960 enteignet, setzten jedoch die Rumproduktion im vertrauten karibischen Ambiente fort. Der Erfolg blieb ihnen treu: Seit 1992, als Bacardí das italienische Familienunternehmen Martini und Rossi kaufte, gehört der "staatenlose" Konzern zu den Global Players der Branche.
Auch heute, 45 Jahre nach der "Vertreibung", glauben die meisten Familienmitglieder an eine Rückkehr auf die Insel. "Kuba - das sind wir!" behaupten vor allem die auf Kuba geborenen Bacardís. Mit glühendem Hass begleiteten sie in den vergangenen Jahrzehnten die Politik Fidel Castros und ließen nichts unversucht, das sozialistische Experiment zu torpedieren. Selbst Mordanschläge auf Castro sollen die Familienmitglieder in den sechziger Jahren finanziell unterstützt, ja sogar veranlasst haben. Doch seit den achtziger Jahren ist die blinde Wut einer cooleren Strategie gewichen. Die Bacardís setzen nicht mehr auf Gewalt, sondern versuchen es mit gezielter Lobbyarbeit in Washington. "Rum und Politik sind in den USA eine Ehe eingegangen, und Bacardí zahlt die Rechnung", konstatiert der kolumbianische Journalist Hernando Calvo Ospina in seinem 2002 erschienenen Buch Im Zeichen der Fledermaus: Der geheime Krieg der Rum-Dynastie Bacardí gegen Kuba.
Doch neu ist die Verquickung von Geschäft und Politik für die Familie Bacardí nicht. Schon im ausgehenden 19. Jahrhundert kämpfte Urahn Emilio Bacardí y Mazó so couragiert gegen die Kolonialmacht Spanien, dass er zwei Mal in die Verbannung geschickt wurde. Zu guter Letzt lenkte er als erster frei gewählter Bürgermeister die Geschicke der Stadt Santiago de Cuba so erfolgreich, dass man ihn selbst im sozialistischen Kuba als Patrioten feiert. Die Geschichte der Familie Bacardí ist ein Spiegel der Geschichte Kubas.[...]

Inhalt
  • Teil I - Die Bacardís auf Kuba
    Spurensicherung: Santiago de Cuba
    • "Auf nach Kuba!"
      Ein Spirituosenhändler aus Katalonien
    • "¡Cuba libre!"
      Die Familie Bacardí im Unabhängigkeitskrieg
    • "Flying to heaven."
      Bacardí und die Prohibition
    • "Ich mache Euch reich!"
      Sieg auf dem Weltmarkt, Niederlage zuhause
  • Teil II - Die Bacardís im Exil
    Spurensicherung: Zwischen Havanna und Brüssel
    • "Wenn Blut fließen muss, dann soll es fließen."
      Der Krieg der Bacardís gegen Castro
    • "Verkauf doch und geh mit Deinem Geld zur Bank!"
      Die Familie in der Krise
    • "Wir wollen wachsen, wachsen, wachsen!"
      Global Player Bacardí
    Spurensicherung: Von Puerto Rico an die Costa del Sol


Die Autorin
Ursula L. Vossist Rundfunkredakteurin beim NDR und erhielt 2004 den Deutschen Hörbuchpreis (Kategorie "Beste Information") für das Che-Guevara-Hörbuch Versuchen wir das Unmögliche. Seit drei Jahrzehnten bereist sie die Region Lateinamerika. Für dieses Buch hat sie auf Kuba und in den USA recherchiert sowie Familienangehörige und Zeitzeugen interviewt.

Campus Verlag, 2005, 250 S.
24,90 Euro
Hardcover, m. 20 Abb.
ISBN: 978-3-593-37318-8


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